Mit dem Grünen Herzen im Garten
Interview mit Gartenbotschafter John Langley®
John Langley
Wer kennt ihn nicht, den charmanten Gartenbotschafter John Langley? Die Natur, Blumen und das Gärtnern faszinierten den Gartenexperten schon in der frühen Kindheit, seine Biologielehrerin Hannelore (Loki) Schmidt hat ihn in den 60er Jahren ein Stück weit auf den „grünen Weg“ gebracht. Und so lag es nicht fern, dass er nach der Schule eine Ausbildung zum Floristen und Gärtner absolvierte.
Er begeistert seit vielen Jahren auf Veranstaltungen, im Fernsehen oder im Radio, mit seiner charmanten und kompetenten Art die Menschen. Wir haben uns mit ihm über die „blumigen YouTuber und Influencer“ und den Klimawandel unterhalten, aber auch darüber, wie man Menschen ohne den grünen Daumen für Blumen und die Natur begeistern kann.
Herr Langley, Sie sind der klassische Gartenbotschafter und seit vielen Jahren aktiv. Wie hat sich „der Garten“ in den letzten 20 Jahren verändert?
Das ist für mich vermutlich die schwierigste Frage. Alles ist im Prozess der Veränderung. Salopp gesagt: „Nix ist so beständig wie die Veränderung selbst und hier ist die Gartenkultur nicht ausgenommen.“ Wurde früher das Stückchen Land auch überwiegend für die eigene Versorgung genutzt, hat sich der klassische Gemüsegarten in den vergangenen Jahren hier und da in ein „Erholungsgarten“ für Körper, Geist und Seele gewandelt. Nun wird der wieder entdeckte Gartenboden zur bewussten Geschmacksbildung durch den Anbau von Kräutern und Gemüse zurückgewonnen.
Die bisherige unvorstellbare Auswahl an blühenden und dekorativen Pflanzen aus aller Welt wird zunehmend durch das steigende Umweltbewusstsein im Kaufverhalten sinken. Pflanzen aus der „Region für die Region“, heimische Gehölze, Stauden und Co. werden deshalb immer stärker in der zukünftigen Gartengestaltung berücksichtigt. Die Generation, die es finanziell möglich machen kann, legt großen Wert auf Qualität, Sicherheit, Licht und pflegeleichte, barrierefreie Gärten. Die Automatisierung wandelt, mit beispielsweise Mährobotern oder Gießautomaten, Zeit für bisherige zeitintensive Tätigkeit zur bewussteren Freizeit für das eigene Refugium um. Wenn man etwas in die wirklich komplexe Gartengeschichte zurückschaut, stößt man auf chinesische und japanische Vorbilder, die Kies und Schotter schon lange in ihre Gestaltung einbezogen haben. Deshalb sind monomineralische und polymineralische Gesteine im Garten eigentlich nicht neu. Einschlägige Fachliteratur verweist auf die europäische Gartenkunst im gestalterischen Umgang mit den Mineralien. Kies- und Schotterflächen bestimmen zunehmend das Erscheinungsbild heimischer Gärten. Die Motivation dafür ist die Hoffnung auf geringeren Pflegeaufwand. Es gibt nur ein „pflegeleichteres Refugium“ wenn alles zusammenpasst. Und genau hier teilt sich über derartige „Überlegungen“ nicht nur die öffentliche Meinung exorbitant.
Da bin ich glücklich, dass trotzdem noch so viele „Verantwortliche“ ihren eigenen Lebensraum zwischen Bach und Buche als Erlebnisraum verstehen. Die Lust auf Veränderungen durch dekorative Impulse wie Licht, Holz und (natürlich auch) Steine kennt kaum Grenzen. Schönheit liegt dabei immer im Auge des Betrachters. Auch wenn die klare, gegliederte Ordnung im Garten noch nicht ganz vorbei zu sein scheint, ist naturbelassen ein absolut wachsender Trend. Egal, ob das große oder kleine Grün, der Garten bleibt zu allen Seiten unbestritten eine visuelle Visitenkarte. Die Lust auf pflegeleichtes blühendes Grün ist kaum noch aus den heutigen Gärten wegzudenken. Eine neue Ästhetik der Natürlichkeit hat Einzug gehalten. Ungezwungen entwickelt sich der Gesamteindruck im Laufe der Zeit zu einem unverwechselbaren Lebensraum für Mensch, Tier und Pflanze.
In der Gartenszene tauchen immer mehr Blogger, YouTuber und Influencer auf. Wie gehen Sie als Gartenbotschafter damit um?
Gut, ich mag diese digitale Schnelllebigkeit, fast jeder hat darauf Zugriff und hat eine Chance unmittelbar aktiv oder genauer interaktiv Milliarden Anwender mit einem Klick (oft in Echtzeit) auf der ganzen Welt anzusprechen. Egal ob YouTube (attraktivstes Videoportal), Twitter (telegrammartige Kurznachrichten), Tumblr (Blogging-Plattform), Instagram (Mischung aus Microblog und audiovisueller Plattform), Xing (Bussinessplattform) oder, was ich nicht nur als Gartenbotschafter aktiv nutze, Facebook (Kommunikationstreffpunkt) um nur einige Möglichkeiten aufzuzählen. In den wenigsten Fällen, so meine Einschätzung, macht es Sinn überall vertreten zu sein. Häufig reichen schon drei bis vier Angebote mit relevanten Reichweiten für eine erfolgreiche, strategische Kommunikation auch innerhalb der gesamten Grünen Branche völlig aus. Facebook ist für mich unkompliziert und wird deshalb grundsätzlich mit Bedacht genutzt. Mit dieser Plattform bin ich bereits seit neun Jahren als öffentliche Person aktiv und verbinde damit meine Aktivitäten in den Fokus der Öffentlichkeit zu stellen. Inzwischen gibt es einen regen Austausch mit vielen Kollegen/innen aus den unterschiedlichsten Bereichen. Eine fast perfekte Möglichkeit, sich und seine Botschaften zu präsentieren oder einfach nur mitzuteilen. Auch dieses Medium sollte verlässlich und wertschätzend „bedient“ werden, deshalb sollte man grundsätzlich abwägen, was einem wirklich wichtig ist gepostet zu werden. Ich habe bisher nur positive Erfahrungen gemacht.
Bienensterben, Klimawandel, Green Citys – plötzlich stehen Bäume und Pflanzen wieder im Fokus. Was können wir Gärtner und Floristen tun, um die Verbraucher wieder „grüner“ zu machen?
Da gibt es eine ganze schnelle Botschaft von mir. Kundenorientierung ist ein zentraler Wert jeglicher Unternehmenskultur. Unser komplexer Berufsstand mit seinen unterschiedlichsten Fachsparten, Fassetten, Produkten ist „natürliche Multiplikation“ pur. Einfach in sich gehen, reflektieren und dabei feststellen, dass wir bereits seit Jahrzehnten mehr oder weniger konform geplant, verwirklicht oder im Sinne der Nachhaltigkeit gehandelt haben.
Ok, nicht jede Entscheidung, nicht alle Prozesse, nicht bisherige Meinungen und mühsam erlerntes Basiswissen werden und würden es unbeschadet in die unmittelbare Zukunft schaffen. Aber grundsätzlich können wir als „Grüne Branche“ nur „überleben“, wenn Verbraucher uns 101%ig vertrauen.
Wenn wir überzeugend aufzeigen, anbieten und vormachen, damit der Kunde verantwortungsbewusst seine Aktivitäten beispielsweise im Garten, auf der Terrasse, dem Balkon oder bei Dach- bzw. Wandbegrünung mit gutem Gewissen verwirklichen kann, dann gelingt uns ein gemeinsamer Schritt in die richtige Richtung.
Die oben genannten Themenfelder beschäftigen mich als Gartenbotschafter auch schon eine längere Zeit, ich habe inzwischen eine umfangreiche Sammlung kleiner Saattüten von den unterschiedlichsten Unternehmen ausgesät. Egal ob EDEKA, Sparda Bank oder von wem auch immer. Solange die bunten Tütchen dann auch wirklich mit zertifizierter Regiosaat gefüllt sind, kann die Blütenwelt – wenn überhaupt – naturnah gerettet werden.
Was auch immer in diesem komplexen Zusammenhang Umwelt, Natur, Verantwortungsbewusstsein getan wird, verständliche Aufklärung und überzeugende Kaufimpulse sollten unbedingt zweifelslos in Einklang mit der Kultur-Botanik und deren Dienstleistungen stehen.
Oft wird in unserer alltäglichen Arbeit, die Chance dem Kunden mit fachlich biologischer Vielfalt zu begegnen nicht ausreichend genutzt. „Biodiversität“ kann durch pflanzen „heimischer“ Botanik berücksichtigt werden. Vollständig auf Gift zu verzichten, ist ein wesentlicher Schritt in Richtung artenreiche Gärten. Weniger aufräumen und das natürliche Refugium lebt signifikant auf – auch das ist Artenschutz. Nisthilfen aller Art leisten ihren Beitrag gegen Artenschwund.
Es ist eigentlich ganz einfach, beispielsweise die meisten Obst- und Gemüsearten benötigen Hummel-, Bienen- oder allgemein Insektenbestäubung. Auch wenn viele Obstsorten nur von bestimmten anderen Sorten befruchtet werden können, ist eine intensive, gezielte Trachtquelle kein Nachteil. Auch „windbestäubte“ Obstarten (z.B. Sauerkirsche) kommen durch Bienen nachgewiesenermaßen zu verbesserten Erträgen mit höherem Fruchtgewicht. Nicht nur Baumschulen, Staudengärtnereien, Endverkaufsbetriebe oder welche Vermarktungsform auch immer:
Der Kunde ist nicht wie eine Biene, stimmt was nicht, dann ist es vorbei mit der Belohnung von Nektar oder Pollen. Man wird mit Aktionismus nicht den Artenschwund aufhalten, aber das Verständnis im Umgang mit der Natur kann so vielleicht Kindern und Kunden nachvollziehbar vermittelt werden.
Sehen Sie im Allgemeinen eine Rückbesinnung auf die grünen Werte? Darf ich Ihre Frage mal so beginnen zu beantworten?
„Nur wer die Vergangenheit kennt, hat eine Zukunft.“ Ein Zitat von Wilhelm von Humboldt (1767 – 1835). Für mich basiert die „moderne“ Rückbesinnung vor allem auf der Basis bewährter Traditionen. 2020er sind als das Jahrzehnt der Rückbesinnung definiert. Und wer sich aufmerksam umschaut (in diesem Fall mal nicht zurücksieht) wird vieler Orts bereits Veränderungen in diesem Kontext entdecken und dazu gehört auch das ehrliche grüne Gewissen. Zunächst lege ich den Fokus auf das zunehmende Kundenverhalten. Viele Konsumenten suchen nach dem Einfachen, Nachvollziehbaren und Regionalen. Auch wenn keiner so genau weiß was Regionalität eigentlich bedeutet.
Mal davon abgesehen, öffne ich hier im Sinne der Rückbesinnung, das Regionalfenster den klassischen Wochenmarkt mit Produkten wie Blumen, Pflanzen, Obst, Gemüse oder Fleisch. Die Motivation zum Kauf ist eindeutig: Genau zu Wissen wo, was und wie gewachsen ist und geerntet wurde. Ein Grund warum der Lebensmitteleinzelhandel hier mit ähnlichen Botschaften und Warenpräsentation nachzieht. Die deutliche Abkehr von Massenangeboten sorgt bei vielen besonders geführten Familienunternehmen oder mittelständischen Betrieben für ein zeitnahes Umdenken in unserer „Luxusindustrie“. Handgemachtes (dazu gehört unbestritten auch die Floristik und der Gartenbau) erleben so eine Wiederentdeckung (Revival) und stehen dann positiv im Fokus der kundenorientierten Aufmerksamkeit. Selbst in der klassischen Werbung oder besser gesagt komplexen Öffentlichkeitsarbeit, ist eine signifikante Rückbesinnung auf den einzelnen Kunden mit seinen individuellen Bedürfnissen und Wünschen angesagt. Wer sich und seinen Betrieb für Menschen öffnet und dabei auf Augenhöhe die Verbundenheit, Wertschätzung und Nachhaltigkeit zum Produkt, zur Dienstleistung und zur regionalen Umwelt zeigt, lässt so seine lokalen Produktionsstätten wieder erblühen, kommt auf den berühmten grünen Zweig und sorgt für ein sicheres zukunftsorientiertes Verwurzeln. Nicht nur „alte“ Manufakturen erkennen diese Chancen und ergänzen ihre Produktionsprozesse mit moderner Technologie – ohne dabei den Kern der Handarbeit und Authentizität zu vernachlässigen.
Glaubt man den Medien gibt es in Deutschland eine neue Lust am Gärtnern. Stellen Sie das auch so fest?
Ja, es gibt einen gewaltigen Ruck nicht nur durchs Gemüsebeet, um es etwas salopp zu formulieren. In Zeiten der zunehmenden Entfremdung von vielen Nahrungsmitteln, wollten sich die Menschen zumindest etwas Ursprünglichkeit zurückholen. Die Geschmacksbildung der Juniormenschen soll auch auf diesem Wege gefördert werden. Wer sein eigenes Gemüse pflanzt, seine Beeren kultiviert und dabei sieht und versteht, wie sie wachsen um dann erntereif verkostet zu werden, hat nicht nur sich, sondern auch der heranwachsenden jungen Generation einen nachhaltigen Mehrwert geschaffen.
Wer selbst sät, dabei den Rhythmus der Natur versteht, wird das eigentliche Gärtnern mit aktiver Erholung und nicht mit Arbeit in Einklang bringen. Selbst grüne Nischen, kreative blühende Quadratmeter sind oft neuentdeckte Lebensräume, natürlich auch für unsere gestressten Vögel und Insekten. „Erlaubt ist, was gefällt“ und wer kein aufgeräumtes Refugium mehr haben möchte, vom Nachbarn einmal abgesehen, sondern sich eher für einen naturnahen und bienenfreundlichen Garten entscheidet, ist motiviert und auf dem richtigen Weg.
Ein weiteres eindeutiges Ja, ich entdecke eine signifikante positive Veränderung (von den Schottergärten einmal abgesehen) der sogenannten „Gartenkultur“.
Selbst ich wurde über das Fernsehen motiviert, verstärkt in Kisten und Hochbeeten erfolgreich zu gärtnern, was unweigerlich zur Folge hatte, dass es jetzt fast jeden Abend frischen Kräuter und Salatmix gibt. Und folgt man aufmerksam den Printmedien, dann erfährt das „Urban farming“, „Urban gardening“ und „Urban imkering“ Ausdruck eines unbeschreiblichen Lebensgefühls, das mehr ist als ein schnell verblühender Trend, das ist ein neues Naturverständnis.
Wie können wir es schaffen Menschen ohne grünen Daumen für Natur und Garten zu begeistern?
Der grüne Daumen ist inzwischen wirklich antagonistisch. Für mich muss vor allem verstärkt das „grüne Herz, die Seele“ angesprochen und durch „natürliche Vorbilder“ begeistert werden. Nur dort wo sich Natur gut anfassen und begreifen lässt, wo man sich wohlfühlt, verwurzelt und aufblüht, können Menschen verstärkt ihr Bedürfnis nach Natur nachkommen. Wer mehr intaktes Grün um sich herum hat, lebt in der Regel entspannter und glücklicher. Wenn eine weitsichtige Politik, Städtekämmerer und Kommunen verstärkt Freizeitgärten, Straßenbegrünung, Dächer oder Ausgleichflächen mit Bewuchs fordern und fördern, dann hat jeder seinen „GARTEN“ vor der Tür.
Entscheidend ist und bleibt: Ein Gespür und Verständnis für natürliche Zusammenhänge bereits zeitig zu fördern. Bereits viele Kindergärten und Schulen aktivieren einen „wertvollen“ Lernort in der Natur oder genauer oft auf dem Schulgelände. Ganz im Sinne von „Begreifen durch Anfassen“. Ein naturgemäß gestalteter Schul- und Kindergarten ist unbestritten ein hervorragender Lern- und Erlebnisraum zum Beobachten, Staunen, Erforschen, Spielen, Gestalten, Arbeiten, Genießen und ganzheitlichem Lernen mit „Kopf, Herz und Hand“, um Natur mit allen Sinnen zu verstehen. So wird es gelingen, frühzeitig Juniorbürger/innen für erlebnisreiches und ökologisch intaktes Wohnumfeld nachhaltig zu interessieren.
Und genau hier sollten alle „grünen Berufe“ durch aktive Einbeziehung der sogenannten „Dritten oder Experten“ dazu beitragen, dass derartige Projekte verwirklicht werden können. Eine Chance für Gärtner/innen auf ihren interessanten, abwechslungsreichen Beruf aufmerksam zu machen. Deshalb macht es Sinn, dass weitere Unternehmen und Verbände sich aktiv öffnen, damit interessierte Einrichtungen, Eltern und Jugendliche der beruflichen „Einblick“ erleichtert wird.
Wenn die Fußball-Nationalmannschaft spielt sagt man scherzhaft, dass 80 Millionen Bundestrainer zugucken. Hat das Thema Garten auch das Potential für 80 Millionen Fernseh-Gärtner?
Um auch scherzhaft darauf zu antworten, vermutlich sehen – eher bei vielen Spielen – 160 Millionen Augen auf 200 Millionen grüne, intakte, strapazierfähige und gepflegte Grashalme eines durchschnittlichen Fußballrasens. Und vor bzw. nach dem Spiel richten rund 45 Millionen Freizeitgärtner in Deutschland ihren Blick auch auf ihr eigenes blühendes Grün. Allein davon 5 Millionen Menschen haben ein Naturrefugium von 370 m² zu pflegen und zu bepflanzen. Damit sind wir vermutlich in Europa führend. Apropos Fußball: Alle bundesdeutschen Schrebergärten bedecken eine Fläche von etwa 66.000 Fußballfeldern und dort wird nicht auf grüner kurzgeschorener Monokultur gespielt, sondern hier steht es zunehmend 1:0 für Artenvielfalt und Naturbewusstsein. Fazit: Ja, das Thema Garten, Natur, Region hat auch das Potential für 80 Millionen Fernseh-Gärtner/innen. Es müssen nur die richtigen Verantwortlichen in den Medien handeln, die das grüne, blühende und nachhaltige Thema Gardening informativ, unterhaltend und wertschätzend „aufkochen“, dann werden bestimmt viele Menschen auch mit den Augen verwurzeln.