Schlüsselthema Nachhaltigkeit
Die BUGA Erfurt 2021 bietet verschiedene Ansätze
Christine Karpe
Der verantwortungsvolle Umgang mit Boden, Wasser und Pflanzen gehört zum Selbstverständnis des Gartenbaus. Welches Gewicht hat die Nachhaltigkeit bei einer Bundesgartenschau, welche Antworten geben grüne Verbände, Planer, Züchter und Gärtner auf die aktuellen Fragen Biodiversität und Klimawandel? Wie können die Besucher für diese Themen sensibilisiert werden? Über 171 Tage lädt die Bundesgartenschau 2021 nach Erfurt ein. Vom 23. April bis zum 10. Oktober freuen sich die Besucher auf inspirierende Hallenschauen, prächtige Wechselflorbeete und vielfältige Themengärten, die Anregungen für den eigenen Garten geben. Die BUGA Macher zeigen, wie in historischen Kulissen moderne Pflanzenverwendung in Zeiten des Klimawandels aussehen kann, wie ressourcenschonende Bewässerungssysteme arbeiten und welchen Beitrag der Gartenbau zum Klima- und Umweltschutz leisten kann.
Die Natur im Boot
Der Boden ist die Grundlage allen Wachsens, das wichtigste Handwerkszeug für den Gärtner. Der Zeitraum einer BUGA, kürzer als die natürliche Vegetationsperiode vom Frühjahr bis Herbst, stellt besondere Anforderungen an die Wachstumsgrundlage. Die Pflanzenauswahl der Planer, die Bedürfnisse der Pflanzen, die gute Bearbeitung für die Pflegenden – viele Voraussetzungen müssen berücksichtigt werden. Andreas Höhn, Bodenexperte des Bereiches Ausstellung und Wettbewerbe, sorgt dafür. Ein Bodentausch auf 45 cm Tiefe wie im Falle der 4.000 m² umfassenden Staudenschau im egapark ist für den studierten Gartenbauingenieur eher die Ausnahme. Starke Verunkrautung gab hier den Ausschlag. Am Beispiel des 6.000 m² umfassenden Blumenbeetes erklärt der Fachmann für Erdkrume, Bodenorganismen und Düngung die nachhaltige Bodenverbesserung einer groß dimensionierten Pflanzfläche. Wechselflor wird zur BUGA hier die Besucher mit Farbenpracht und Pflanzenvielfalt beeindrucken. Diese Art der Bepflanzung, die im Sommer dann noch einmal getauscht wird, stellt besonders hohe Ansprüche an den Boden. Nachdem die Gärtner in diesem Jahr den Sommerflor entfernt und die Bodenwerte ermittelt hatten, entstand eine passende Strategie für den Boden. Mit Traktor und Bodeneißel wurde das Beet bis auf 40 cm gelockert und ist dadurch auch besser in der Lage, das Wasser bei größeren Niederschlagsmengen abzuleiten. Sauerstoff ist Wachstums- und Nährstofffaktor Nr. 1. Mineralische Komponenten wie Ziegelsplitt oder Lava aus der Vulkaneifel sorgen für Struktur- und Gefügestabilität. „Wir holen die Natur ins Boot, so wie sich der Boden auch im natürlichen Kreislauf regeneriert und sorgen mit organischen Mitteln für die Bodenverbesserung“, erklärt Andreas Höhn das Einarbeiten von pelletiertem Rinderdung. Ganz ohne moderne Technologie geht es auch hier nicht. Ein Bodenaktivator belebt die Organik, das Bodenleben und beschleunigt den Humusaufbau. Wenn das alles gut aufeinander abgestimmt funktioniert, erhält der Wechselflor bedarfsgerecht Nährstoffe und der Boden ist leichter zu bearbeiten. Im Frühjahr wird dann nochmals organisch gedüngt“, so Andreas Höhn. „Neben dem großen Blumenbeet wird auch der Boden für weitere Wechselflorflächen – mehr als 12.00 m² im egapark – aufgewertet. Hier soll es 2021 richtig krachen, wenn der Wechselflor in voller Blüte steht.“
Wassermanagement im Parkbetrieb
Wasser ist eine ebenso wichtige Komponente für den Gärtner. Der sorgsame Umgang mit natürlichen Ressourcen, ein modernes Wassermanagement ist ein bestimmendes Thema für die zukunftsweisende Parkbewirtschaftung. Im Irisgarten des egaparks zeigen die Gartenschaumacher ein kluges Prinzip, um Staunässe zu vermeiden und gleichzeitig das natürliche Wasseraufkommen zu nutzen. Der Themengarten am Südhang des egaparks ist aufgrund der Hanglage in Terrassen gegliedert. In Sorten- und Anwendungsbeeten werden Züchtungen aus der Sammlung von Alexander Steffen und moderne Sorten gezeigt. Gärtnerin Melanie Trinks hat die komplette Umgestaltung des Themengartens begleitet: „Im Irisgarten ist die komplette Oberflächenentwässerung nicht an einen Abwasserkanal angeschlossen. Wenn es regnet, wird das überschüssige Wasser von der einen auf die nächste Terrasse über eine Retentionsfläche entwässert. Auf der oberen Terrasse ist jeweils eine Regenrinne, in der sich das Oberflächenwasser bei Regen sammelt. Über ein in die Erde verlegtes Rohr wird es dann auf die nächst tiefere Terrasse geleitet. Das Abschwämmen des Substrates bei Starkregen vermeiden größere Travertinsteine in der Nähe der Ausläufe. Seit einigen Jahren regnet es über das Jahr verteilt sehr wenig. Daher wurde die Pflanzung im Irisgarten mit trockenheitsresistenten Pflanzen geplant, die nur in der Anwachsphase zwei- bis dreimal gewässert werden.“
Klimawald als Luftverbesserer
Beispiel 3 sind die Klimaringe und der Klimawald im Umfeld des neuen Danakil Wüsten- und Urwaldhauses im egapark. Der Klimawald wird aus 82 neu gepflanzten Bäumen entstehen, die größere Mengen Stickoxide binden können und auch sonst zur Luftreinheit beitragen. Sie alle weisen ganz unterschiedliche Strategien auf. Darunter sind Wasserheber wie die Kaukasische Flügelnuss oder der Schwarze Tupelobaum, Klimaanlagenbauer wie die weißrindige Himalaja-Birke oder die breitblättrige Mehlbeere. Kombiniert werden sie mit Bäumen, die andere luftverbessernde Fähigkeiten haben: luftige Typen, Schattenschenker, Schattenweltler, Ozonkiller, Sauerstofffabrikanten, Giftschlucker, Hitzemeister, Durststreckenläufer oder Strahlungsexperten. So haben es die Planer von Rehwaldt Landschaftsarchitekten strukturiert. Parkleiter Chris Lange erläutert das Konzept der Klimaringe: „In den Ringbeeten finden sich Stauden, Sträucher und Gehölze, die besonders gut mit dem Klimawandel, der Trockenheit und Hitze klar kommen. Mittels einer Tröpfchenbewässerung in der Erde erhalten sie bedarfsgerecht Wasser. Diese zeitgemäße Form der Gartengestaltung ist auch für die Besucher hinsichtlich Pflanzenauswahl und Bewässerung eine wichtige Anregung für den eigenen Garten.“ In Vorbereitung der BUGA Erfurt 2021 ließen sich noch weitere Beispiele finden: die Bepflanzung der großen Staudenschau unter dem Thema Klimawandel mit Prärie- und Steppenpflanzen oder mediterranen Gewächsen, die computergesteuerte Beregnung ausgewählter Parkbereiche oder die Ausstellungsbeiträge des Fachverbandes Garten- und Landschaftsbau – acht runde Themengärten mit Nachmachgarantie für alle Gartenfans.
Was bleibt?
Die BUGA ist ein Glücksfall für die Stadt. Ohne die Gartenschau wäre der egapark nicht so nachhaltig weiterentwickelt worden, hätte der Petersberg weiterhin in seinem Dornröschenschlaf geschlummert. Im Norden der Stadt entsteht im Zuge der BUGA auf 5 Kilometer entlang des Flusses Gera ein einzigartiger Landschaftspark – ein Erholungsraum für rund 70.000 Einwohner mit einer Auenlandschaft, mit Wiesen, Wäldern, Sport- und Spielzonen im Einklang mit der Natur. Übrigens: Der größte Teil der BUGA-Fläche, rund 85 Prozent, bleibt nach der Gartenschau erhalten, denn auch im egapark sind mit dem Wüstenund Urwaldhaus Danakil, der Neugestaltung von vier großen Themengärten, der 4.000 m² umfassenden Staudenschau und dem Klimawald mit 82 Bäumen viele Veränderungen nachhaltig und eine sinnvolle Investition in die Zukunft.