Die Welt im Zeichen der Digitalisierung
Die Globalisierung ist vollführt – das neue Zauberwort heißt Digitalisierung
Karl-Heinz Dautz
Das „Ungeheuer Digitalisierung“ frisst sich durch alle Lebensbereiche. Müssen wir einen Zaun ziehen oder sollen wir es füttern? Oder um es anders zu sagen: Wie wirkt sich die Digitalisierung auf Kunden, Mitarbeiter und die Unternehmen aus und was müssen wir tun?
Grundsätzlich ist die Grüne Branche natürlich nur ein sehr kleiner Teil der Konsum- und Erlebniswelt. Das bedeutet, dass die Erwartungshaltungen und die Konsummotive überwiegend von anderen Branchen und Unternehmen geprägt werden. Die Grüne Branche verharrt hier noch in einer Art „analogen Gemütlichkeit“. Das kann für den einen oder anderen mittelfristig durchaus existenziell gefährlich werden.
Irgendwann wird jeder an einen Punkt kommen (müssen), sich mit der Digitalisierung für sein Unternehmen auseinanderzusetzen. Denn sich nicht schnellstens mit den neuen Erfordernissen intensiv zu beschäftigen kommt schon jetzt grober Fahrlässigkeit gleich. So kommen Fragen auf: Wo fange ich an? Wie beginne ich? Was erwarten meine Kunden? Was ist notwendig für meine Mitarbeiter? Was ist für das Unternehmen wichtig? Es braucht also eine digitale Strategie. Der erste Schritt ist die Feststellung des eigenen digitalen Reifegrades bzw. des digitalen Reifegrades des Unternehmens. Nun muss kein Unternehmer zum Digital-Spezialisten werden, aber hier ist die eigene unternehmerische Haltung entscheidend, sich offen und ehrlich mit dem eigenen digitalen Reifegrad zu beschäftigen.
Ein Punkt sollte aber als absolute digitale Pflicht gesehen werden: Die Auffindbarkeit im Internet ist das digitale Minimum. „Wenn man die Geschwindigkeit der digitalen Entwicklung betrachtet, dann befinden sich viele Online-Präsenzen der Grünen Branche im übertragenen Sinne noch in der digitalen Bronzezeit“, sagen die Experten der Denfabrik GARTEN des GermanRetailLab.
Die dafür notwendige Kompetenz ändert und erweitert sich so schnell, dass es sich nicht lohnt hier näher darauf einzugehen. Hierfür gibt es viele spezialisierte Dienstleister am Markt.
Oft stand am Anfang die Idee, das analoge Geschäftsmodell in die digitale Welt zu verlängern. Innerhalb der Grünen Branche können sicher einige gute Beispiele genannt werden. Doch Vorsicht: Vergleicht man eine moderne, zukunftsgerichtete Branche mit dem Grünen Markt, erhält man eine gänzlich andere Antwort. Wenn man sich heute innerhalb von 3 Minuten ein Kundenkonto anlegen und ein Auto oder einen E-Roller mieten kann, inkl. Online-Bezahlung und transparenter Online- Rechnungsstellung, dann sind solche Modelle die Benchmark an Geschwindigkeit, Komfort und Bequemlichkeit. Außerdem ist oftmals eine Verlängerung des eigenen Geschäftsmodells nicht sinnvoll – es geht vielmehr darum, für das eigene Unternehmen, für die eigenen Produkte und Dienstleistungen ein neues (gegebenenfalls paralleles) Geschäftsmodell unter Einbeziehung aller technologischen Möglichkeiten zu gestalten.
Die Digitalisierung wird dem grünen Unternehmer aber trotz vieler Schwierigkeiten einen Mehrwert bieten, denn grundsätzlich kann und wird die Digitalisierung alle erdenklichen Unternehmensbereiche betreffen. In der Betriebsorganisation ist dieser Mehrwert über Automatisierung und Beschleunigung von Prozessen in Effizienz und Produktivität zu erzielen. Im Verkauf durch Erfüllung von Erwartungshaltungen der Kunden und damit Gewinnung und Bindung von Kunden nebst Umsatzsteigerungen. Die Vielzahl der digitalen Möglichkeiten lässt eine Vielzahl von Differenzierungen zum Wettbewerb zu. Der Mehrwert liegt in einer stärkeren Marktposition. In Richtung Lieferanten und Dienstleister des eigenen Unternehmens bleibt man ein kostengünstiger Partner innerhalb der Wertschöpfungskette. Und letztlich werden Mitarbeiter zukünftig ihre Arbeitgeber auch nach deren Digitalen Reifegrad aussuchen.
Was ist nun zu tun? Zunächst einmal ist eine umfassende Unternehmensstrategie Grundlage des Entscheidungsprozesses. Die Digitalstrategie ist dann Teil dieser Gesamtstrategie und baut auf dieser auf. Digitalisierung heißt nicht unbedingt einen Webshop zu eröffnen. Zunächst benötigt jedes Unternehmen ein klares, konsequentes und strategisches Profil mit einer deutlichen Differenzierung zum Wettbewerb. Erst dann schaut man in den digitalen Warenkorb, um sich dort mit Lösungen zu versorgen, die die eigene Strategie unterstützen. Auf keinen Fall sollte man dem Schwarmreflex folgen und glauben, beispielsweise unbedingt einen Webshop haben zu müssen. Es sei denn, man ist sich absolut sicher gegen die großen Spieler wie Amazon eine Chance zu haben – in Preis, Leistung, Angebot und Erwartungshaltung der Kunden. Der Blick in die Glaskugel: Wohin wird uns das alles führen? Die Digitalisierung ist wie ein Zug und dieser Zug fährt schon seit vielen Jahren mit extrem zunehmender Geschwindigkeit. In der Vergangenheit gab es noch relativ viele Haltestellen – zukünftig wird es immer weniger Zustiegsmöglichkeiten geben. Zwar gibt es langsamere Folgezüge, aber diese werden mittelfristig ausgemustert, weil sie die weit entfernten Bahnhöfe nicht mehr oder nicht mehr pünktlich erreichen können, und deshalb keine Fahrgäste mehr mitfahren werden. Die alte Handelswelt wird zu teuer, zu unattraktiv, zu langsam und zu unbequem und deshalb überwiegend überflüssig. Überwiegend? Es fahren ja auch heute noch historische Züge!